Neu-Ulm zählt bei der Dichte der Spielhallen zu den Spitzenreitern in Bayern“, sagt Christin Krieger, Sozialpädagogin bei der Fachstelle Glücksspielsucht der Diakonie Neu-Ulm. Und die Folge sei, dass der Nervenkitzel am Automaten für immer mehr Menschen zur Sucht werde. Mit schlimmen Folgen: „Spielsüchtige, die bei uns Hilfe suchen, haben im Durchschnitt 24000 Euro Schulden.“ Krieger weiter: „Angehörige und Gläubiger leiden mit, auf einen Spieler kommen zehn bis 15 Mitbetroffene. Wir betreuen teils ganze Familien.“
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Im Kreis doppelt so viele Casinos wie im Bayern-Durchschnitt
Mit jeder neuen Spielhalle steige die Gefahr, dass weitere Menschen spielsüchtig werden. Oft gehe Spielsucht auch mit psychischen Problemen, Alkohol- oder Drogensucht einher. Die Zahlen, so Krieger, seien erschreckend. „2010 gab es in der Region 156 Einwohner pro Spielgerät. In Bayern sind es im Durchschnitt 319 Einwohner pro Spielgerät.“
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Renate Janik und Christin Krieger von der Suchtberatung.
Ihren Angaben zufolge hat die Zahl der Spielhallen im Landkreis in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Die Suchtberatung der Diakonie Neu-Ulm, so Krieger, erhalte viele Anfragen aus der ganzen Region. Da sei es erfreulich, dass die Glücksspielsuchtsstelle für weitere drei Jahre gesichert sei. „Kurz vor Weihnachten war das noch unklar“, so Renate Janik, Diplom-Psychologin und Leiterin der Suchtberatung Neu-Ulm. Im Februar 2012 hatte Christin Krieger die Nachfolge eines langjährigen Suchtberaters angetreten. Im vergangenen Jahr habe die Spielergruppe erheblichen Zulauf verzeichnet. In der Runde, die nun kontinuierlich stattfindet, können sich Betroffene untereinander über ihre Sucht austauschen, bekommen das Gefühl, mit ihren Problemen nicht allein zu sein. Manche müssten aber zunächst die Angst überwinden, auf ein bekanntes Gesicht zu treffen. Acht Patienten wurden in eine stationäre Behandlung weitervermittelt. „Im Bereich Glücksspiel ist das sehr schwierig“, sagt Janik. Glücksspielsucht sei eine genauso ernst zu nehmende Krankheit wie die Alkohol- oder Medikamentensucht.
Insgesamt sind laut Renate Janik rund 18000 Erwachsene im Landkreis Neu-Ulm von Suchterkrankungen betroffen. Dabei liege die Alkoholsucht noch immer an der Spitze. Der Leiterin der Suchtberatung ist es wichtig, dass die Alkoholsucht in der Öffentlichkeit als Krankheit anerkannt wird. „Wenn die Betroffenen erkennen, dass sie krank sind und sich für ihre Sucht nicht zu schämen brauchen, fällt es ihnen leichter, Hilfe anzunehmen“, so Janik weiter.
Für Trinker gibt es gute Behandlungsmöglichkeiten
Für die Alkoholsüchtigen gebe es sehr gute Behandlungsmöglichkeiten. „Heilbar ist es nicht, aber man kann den Umgang mit der Krankheit lernen“, sagt Janik. In diesem Sinne biete die Diakonie Neu-Ulm Einzelgespräche oder Gruppentreffen für Betroffene und Angehörige, ambulante Rehabilitation, Vermittlung und Nachsorge an. „Vor allem in der Nachsorge, die wir nach der stationären Behandlung begleitend anbieten, haben wir im vergangenen Jahr einen regelrechten Ansturm erlebt“, berichtet Janik.
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